Anfragen
12.05.2015, 12:00 Uhr | Abgeordnetenhaus von Berlin
 
Schriftliche Anfrage zum Thema Präventive Barrierebeseitigung in Mietwohnungen
Frage 1: Welche Bedeutung misst der Senat der Unterstützung von Eigeninitiativen der Mieterinnen und Mieter zur vorausschauenden Barrierebeseitigung in privaten bzw. städtischen Wohnungen bei?

Frage 2.: Welche finanziellen Unterstützungen können diesbezüglich Bürgerinnen und Bürger in Anspruch nehmen, die noch keine Pflegestufe zugebilligt bekommen haben?

Frage 3.: Wie gestalten sich die entsprechenden Unterstützungsmöglichkeiten bei der bereits erfolgten Zubilligung zumindest der Pflegestufe 1?

Frage 4: Besteht ein Zusammenhang solcher Unterstützungsmöglichkeiten mit der Gewährung eines Merkzeichens (G, aG etc) im Schwerbehindertenausweis, unabhängig von der Beantragung einer Pflegestufe?

Frage 5: Wie ist der aktuelle Stand im Gespräch mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften bzw. mit den großen privaten Anbietern von Wohnraum bezüglich des Verzichts auf eine im Mietvertrag vereinbarte Rückbaupflicht seitens der Mieter bei Auszug aus einer vom bisherigen Mieter barrierefrei gestalteten Wohnung?
 
Abgeordnetenhaus von Berlin -

Antwort zu 1.:
Der Senat hält den Neubau und die Her-richtung von barrierearmen Mietwohnungen durch die Eigentümerinnen und Eigentümer für eine vorrangige Aufgabe. Mieterinnen und Mieter, die Maßnahmen zur vorausschauenden Beseitigung von Barrieren in ihrer Mietwohnung umsetzen wollen, müssen zuerst die Zustimmung für die Umsetzung der Maßnahmen von der Vermieterin bzw. dem Vermieter einholen. Wünschenswert wäre, wenn Mieterinnen und Mieter vor der Durchführung der Maßnahmen zur Beseitigung von Barrieren in ihrer Mietwohnung eine Mietvertragsergänzung mit der Vermieterin bzw. dem Vermieter schließen. In der Vereinbarung sollten alle möglichen Aspekte zu den durch den Mieterhaushalt durchgeführten Maßnahmen zur Beseitigung von Barrieren geregelt werden.
Die altersgerechte Bestandsanpassung ist bei den städtischen Wohnungsgesellschaften ein Investitionsschwerpunkt. Im Rahmen der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen werden auf der Grundlage von Potenzialanalysen bedarfsgerechte Wohnraum- und Wohnumfeldanpassungen mit berücksichtigt.
Darüber hinaus werden bei Bedarf und Nachfrage bei Bestandsmietern individuelle Einzelmaßnahmen durchgeführt (z.B. ebenerdige Dusche, höhergestelltes WC, Beseitigung von Schwellen in der Wohneinheit (WE), Anbau von Haltegriffen), auch in Abstimmung mit den jeweiligen Pflegekassen zur Frage der Finanzierung.

Antwort zu 2. und 3.: 
Generell können Umbau- bzw. Anpassungsmaßnahmen von Wohnraum nicht nur von der Eigentümerin oder vom Eigentümer, sondern mit dessen Zustimmung auch von der Mieterin oder vom Mieter beauftragt bzw. durchgeführt werden (siehe im Einzelnen § 554 a Bürgerliche Gesetzbuch [BGB]). Das Risiko sowie die Sicherstellung der Finanzierung trägt dann die Mieterin oder der Mieter. Gegebenenfalls kann eine Finanzierung der Umbaukosten nach Absprache mit der Vermieterin oder dem Vermieter über eine so genannte Modernisierungsumlage erfolgen. Das bedeutet, dass die jeweiligen Kosten von der Eigentümerin oder vom Eigentümer übernommen und auf den monatlichen Mietpreis umgelegt werden (siehe im Einzelnen § 559 BGB).
Grundsätzlich besteht die Option, Umbaumaßnahmen mit eigenen oder fremden Mitteln bzw. mit Zuschüssen zu finanzieren.
Für die Finanzierung mit Fremdmitteln (Darlehen) werden Sicherheiten verlangt, welche die Mieterinnen und Mieter oft nicht bieten können. Kompliziert ist es bisweilen für Darlehensnehmer/innen in fortgeschrittenem Alter. Sie können die von den Banken geforderten Sicherheiten nur beschränkt gewährleisten. Das wiederum führt dazu, dass sie nur schwer ein Bankdarlehen erhalten.
Bei Zuschüssen wird zwischen einer subjektbezogenen und einer objektbezogenen Förderung unterschieden:
Subjektbezogene Förderung: Je nach Anlass und individueller Situation sind verschiedene subjektbezogene Förderungen möglich:
Steuerliche Förderung: Diese können in Anspruch genommen werden, wenn steuerpflichtige Einkünfte vorhanden sind. In diesem Fall werden 20 % der gezahlten Handwerkerleistungen (ohne Material) bis max. 1.200 € im Jahr von der Steuerschuld abgezogen.
Krankenkassen: Einige Maßnahmen werden nach ärztli-cher Verordnung von Krankenkassen bezahlt (§§ 27, 139 Sozialgesetzbuch [SGB] V). Voraussetzung hierfür ist, dass sie in der Hilfsmittelliste der jeweiligen Krankenkasse aufgeführt sind.
Pflegeversicherung: Zuschüsse durch die Pflegeversicherung werden nur dann gewährt, wenn die/der Antragssteller/in pflegebedürftig ist. Außerdem muss die Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes beitragen (§ 40 Abs.4 SGB XI). Der maximale Zuschuss pro Maßnahme beträgt dabei 2.557 €. In der Regel muss die/der Antragsteller/in einen Eigenanteil von 10 % des Gesamtpreises, maximal jedoch 50 % seiner monatlichen Einkünfte, tragen.
Sozialämter: Abhängig von Einkommen und Vermögen sind Zuschüsse oder zinsgünstige Darlehen auch durch die Sozialämter möglich. Voraussetzung dafür ist, dass die Umbauten den besonderen Bedürfnissen der Antragstellerin oder des Antragstellers entsprechen und kein anderer Leistungsträger in Frage kommt.
Versorgungsämter: Sie gewähren ebenfalls Zuschüsse für Anpassungsmaßnahmen von Wohnräumen für schwerbehin-derte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Objektgebundene Förderung: Die KfW1-Bankengruppe bietet Finanzierungsmittel für einen altersgerechten Umbau an. Als Bedingung müssen bauliche Maßnahmen durchgeführt werden, die eine weitestgehend barrierefreie Nutzung der Wohnung ermöglichen. Das Förderprogramm 155 „Altersgerecht Umbauen – Kredit“ definiert dabei Bausteine, die auch einzeln finanziert werden können. Allerdings wird ein Baustein nur dann gefördert, wenn er auch vollständig umgesetzt wird. Das heißt, er muss die technischen Mindestanforderungen des Programms bzw. die entsprechenden Anforderungen der DIN 18040 erfüllen. Die KfW fördert die Umsetzung dieses Programms durch zinsverbilligte Kredite bis zu 50.000 € pro Wohneinheit. KfW-Kredite werden von den Geschäftsbanken durchgeleitet. Mit dem Programm 455 „Altersgerecht Umbauen – Zuschuss“ Umbaumaßnahmen mit einem Zuschuss von 5 % der förderfähigen Kosten, maximal jedoch 5.000 € pro Wohneinheit.
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, vor Durchführung von Anpassungsmaßnahmen im Wohnungsbereich ein ausführliches und kostenloses Beratungsgespräch mit den Vertreterinnen und Vertretern der nächstgelegenen Wohnberatungsstelle zu führen. Diese öffentlich finanzierten Beratungseinrichtungen bestehen bundesweit und unterstützen die Ratsuchenden bei der Sicherung oder Wiederherstellung eines selbständigen Lebens im Alter oder bei Behinderung. Das Leistungsspektrum der Wohnberatungsstellen umfasst unter anderem neben der Beratung über Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten der Wohnungsanpassung und Pflege, die Begleitung von Maßnahmen zur Beseitigung von Gefahrenquellen, barrierereduzierende Wohnanpassungsmaßnahmen, den Einsatz von Hilfsmitteln und - sofern erforderlich - von baulichen Maßnahmen.
In Berlin nehmen die Pflegestützpunkte diese umfangreiche Aufgabe wahr und stehen älteren Menschen, deren Angehörigen und anderen Interessenten zur Verfügung.

Antwort zu 4:
Mit der Gewährung eines Merkzeichens (G, aG etc) im Schwerbehindertenausweis wäre grundsätzlich der bedarfsgerechte Nachweis entsprechender Maßnahmen erbracht, sofern eine Förderung einen solchen spezifischen Nachweis voraussetzt.

Antwort zu 5:
Mit der Einführung des § 554a BGB im Rahmen der Mietrechtsreform im Jahre 2001 wurde erstmals ein Mieteranspruch eingeführt, von der Vermieterin oder vom Vermieter die Zustimmung zu baulichen Veränderungen verlangen zu können, die für eine behindertengerechte Nutzung der Mietsache oder den Zugang zu ihr erforderlich sind. Die Vermieterin oder der Vermieter kann seine Zustimmung nur verweigern, wenn sein oder das Interesse der anderen Mieterinnen und Mieter an dem unveränderten Erhalt der Mietsache das Mieterinteresse an einer behindertengerechten Wohnungsnutzung überwiegt. Die Vermieterin oder der Vermieter kann die Zustimmung von der Leistung einer angemessenen zusätzlichen Sicherheit für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes abhängig machen.
Ein grundsätzlicher Verzicht der Vermieterinnen und Vermieter auf die Verpflichtung zum Rückbau bzw. die Sicherheitsleistung ist zwangsweise nicht durchsetzbar. In Abhängigkeit vom konkreten Einzelfall ist beiden Mietvertragsparteien anzuraten, eine Vereinbarung (Mietvertragsergänzung) über die genauen Maßnahmen zur Beseitigung von Barrieren zu treffen und dabei auch den Rückbau oder die Übernahme durch die Vermieterin bzw. dem Vermieter bei Vertragsende genau zu regeln. Die fachgerechte Ausführung der baulichen Maßnahmen ist dabei auch beachtlich.
Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften sind dabei bemüht, entsprechende freiwerdende Wohnungen Bedürftigen zur Verfügung zu stellen.
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